Die 10 ersten Schritte zur smarten Kommune

Jedes Stadtoberhaupt, jede Bürgermeisterin und jeder Bürgermeister hat ein Bild von seiner Kommune als smarte und digitale Gemeinde. Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) wurde der Startschuss gegeben, dass aus diesen Bildern langsam Realitäten werden. Aber wo anfangen? Was sind geeignete Ziele, Werkzeuge, Maßnahmen, um die eigenen Ideen Wirklichkeit werden zu lassen?

Alles digital, alles online – so stellen sich die meisten Menschen die smarte Stadt oder das smarte Land vor. Aber: Im Fokus der kommunalen Digitalisierung stehen die Bürgerinnen und Bürger, stehen wertvolle Dienstleistungen, steht die Sicherung von Arbeitsplätzen und Unternehmen. Wohnen und Leben soll vor Ort besser und angenehmer werden, die Menschen mit der Kommune besser vernetzt sein. Digital und online ist immer nur ein Mittel zum Zweck.

Für diese Ziele, für die sicherlich jede Kommune brennt, sind die Werkzeuge der Digitalisierung genau richtig. Sie helfen, Innenstädte attraktiver zu gestalten, den lokalen Einzelhandel zu stärken, Mobilität besser und intuitiver zu machen, auch klimaschonend ohne Auto. Die Digitalisierung kann Zusammenhalt fördern und die Menschen besser in die Kommune einbinden. Sie erhöht die Qualität ihrer Gemeinde- oder Stadtwerke und schafft freie Kapazitäten, die Sie für zusätzliche Aufgaben bereitstellen können.

Kommunale Verwaltungsdienstleistungen werden mit dem OZG digital. Aber wer hier Halt macht, vergibt sich viele der neuen Möglichkeiten, mit denen sich eine Gemeinde von den anderen Städten abheben kann. Sie nutzt nicht die zahllosen Möglichkeiten und bürgernahen Innovationen, die schon bald vielerorts Standard sein werden.

Die kommunale Digitalisierung bedeutet Vernetzung und Kooperation, sie ist Innovation und Standortfaktor. Sie sichert Gewerbesteueraufkommen und schafft ein Betätigungsfeld, in dem auch mit schmalem Stadtsäckel neue Projekte umgesetzt werden können. Sie macht die Gemeinde smart und bereitet sie auf die Zukunft vor.

Und wie sollen sich deutsche Kommunen auf den Weg in die Digitalisierung machen? Das hier sind die ersten 10 Schritte, mit denen schnell Ergebnisse erzielt werden können und Fehler vermieden werden.

1. Definieren Sie Ihre strategischen Ziele und priorisieren Sie Ihre wichtigsten Herausforderungen.

Die Digitalisierung erfolgreich zu Gestalten ist ein in höchstem Maße individueller Prozess. Und er muss sich daran orientieren, was Sie mit Ihrer Kommune erreichen wollen. Ob es eine bessere digitale Infrastruktur, die Schaffung von attraktivem Wohnraum oder optimalen Bedingungen für das lokale Gewerbe geht, das unterscheidet sich von Ort zu Ort. Wollen Sie Ihre Innenstadt wieder attraktiver gestalten, um den Einzelhandel zu stärken, oder um Touristen einen angenehmen Aufenthalt zu bieten? Definieren Sie die für Ihre Kommune richtigen und passenden Ziele.

Im nächsten Schritt priorisieren Sie, welche Aufgaben für den Erfolg Ihrer Kommune am bedeutendsten sind. Bringen Sie Ihre Herausforderungen in eine Hierarchie, an der Sie sich dauerhaft orientieren können. Beides sind in höchstem Maße politische Herausforderungen, die die Stadtentwicklung bei einer konsequenten Umsetzung maßgeblich beeinflussen können.

2. Orientieren Sie sich am realen Bedarf Ihrer BürgerInnen und Unternehmen bei neuen digitalen Services.

Viele Projekte mit teils aufwendiger und teurer Umsetzung scheitern an fehlender Nachfrage oder mangelnder Nutzungsbereitschaft in der Zielgruppe. Bei der Digitalisierung von Verwaltungsprodukten und -services ist es wichtig zu wissen, welche Bedarfe die Bürgerinnen und Bürger wirklich haben. Diese auch zu finden, ist dabei keine ganz einfache Angelegenheit, da die Neuerungen und die Nutzung neuer oder vom Gewohnten abweichende Wege oftmals auf eine kritische Distanz durch die potentiellen Nutzerinnen und Nutzer treffen.

Hilfreich ist hier vor allem die unmittelbare und frühzeitige Einbeziehung der Betroffenen in die Entwicklung der Prozesse und das Design der Produkte. Workshops oder Bürgerwerkstätten bringen zwar einen großen Aufwand für eine Verwaltung mit sich, aber die Ergebnisse helfen, sich im zukünftigen besser zu orientieren. Teure Fehlschläge werden auf diesem Wege unwahrscheinlicher. Auch können gemeinsam erarbeitete Services direkt auf eine positive Resonanz einer ausgewählten Gruppe innerhalb Ihrer Zielgruppe bauen.

Auch hilft es Ihrer Verwaltung, den Blick von den internen Abläufen hin zum Kundennutzen und -erleben zu richten. Auf dem Weg können veränderte Arbeitsabläufe in einer Verwaltung unter Einbeziehung von Kundinnen und Kunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einheitlich und für alle Seiten nachvollziehbar erarbeitet werden.

3. Berücksichtigen Sie die Bürgerbeteiligung von Anfang an, nur so bleiben Sie innovativ und effizient.

Neben einer Bedarfsanalyse ist die Bürgerbeteiligung in fast allen Bereichen der kommunalen Digitalisierung ein wichtiges Werkzeug zur Steuerung Ihrer Projekte. Sie holen sich vorhandenes Fachwissen ab, aktivieren ehrenamtliches Bürgerengagement und fördern innovative Methoden. Gemeinsam identifizierte und gelöste Probleme können dauerhafte Zufriedenheit schaffen, sie können aber auch Probleme entschärfen, die durch mangelnde Ressourcen, und dadurch die Notwendigkeit zur Schwerpunktsetzung oder Ablehnung von Projektideen entstehen.

Es ist empfehlenswert, in allen wesentlichen Projektschritten in der kommunalen Digitalisierung eine geeignete Form der Bürgerbeteiligung zu finden und zu berücksichtigen.

4. Finden Sie erreichbare Ziele, um schnell Ergebnisse erzielen zu können.

Neues kann Begeisterung schaffen und das Engagement für gemeinsame Ziele stärken. Behalten Sie dies im Kopf und schaffen Sie frühzeitig erste Ergebnisse, die zeigen, dass bei der kommunalen Digitalisierung nicht nur geredet, sondern vor allem gemacht wird. Es müssen keine großen Veränderungen sein, gehen Sie auf konkrete Wünsche oder Vorschläge ein, die von Ihnen schnell und kostengünstig umgesetzt werden können. Sei es eine Möglichkeit, online illegale Müllablagerung zu melden, gewünschte Änderungen auf Ihrer Homepage umzusetzen oder gar ein kleines Projekt für freies W-Lan an einem bestimmten Ort zu finalisieren.

5. Gehen Sie modular vor und etablieren Sie einen Baustein nach dem anderen. So schützen Sie sich vor den Folgen von Fehlern oder abweichend eintreffenden Prognosen.

Sowohl die Verwaltungsmodernisierung in Hinblick auf das OZG als auch viele neue digitale Services im Gemeindeleben bergen das Risiko zu scheitern. Eine Überarbeitung oder ein komplett neu zu startender Prozess kostet Zeit und Geld, beides ist in den meisten Fällen Mangelware. Daher ist es umso wichtiger, dass Sie sich vor den Folgen solcher Fehler schützen.

Oftmals wünschen sich Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Behörden fertige und in sich geschlossene Systeme. Diese werden einmal mit einem großen Aufwand hergestellt und als fertiges Produkt übergeben. In ihnen liegt die Gefahr, dass Probleme und Veränderungsbedarfe an einer Stelle auch erheblichen Einfluss auf viele andere Bereiche im System haben können. Instabilität, kompletter Ausfall, hohe Wartungskosten können die Folge sein.

Sinnvoller ist es in den meisten Fällen, wenn Sie Bausteine Ihrer kommunalen Digitalisierungsstrategie nach- und nebeneinander etablieren. Dabei können Sie, falls es notwendig ist, ein Grundsystem etablieren, welches die Integration, Überarbeitung und Herausnahme von Bausteinen ermöglicht. Damit schützen Sie sich nicht nur vor Risiken, Sie ermöglichen sich auch dauerhaft, schnell und kostengünstig auf Veränderungen im Kundenverhalten gegenüber Ihrer Behörde oder auf neue Herausforderungen zu reagieren. Sie können schnell neue Bausteine entwickeln und aufnehmen, den Aufwand zur Skalierung von Dienstleistungen reduzieren und auf diesem Wege dauerhaft flexibel in Ihrer Leistungserbringung bleiben.

6. Kommunale Digitalisierung ist kein reines Verwaltungsprojekt − öffnen Sie Ihre Strukturen und Arbeitskreise für die Unterstützung von Dritten.

Die kommunale Digitalisierung umfasst viele Bereiche des kommunalen Lebens und beschränkt sich nicht auf Verwaltungsabläufe. Dennoch müssen die meisten Projekte weiterhin in der Verwaltung oder gemeindeeigenen Betrieben verortet und gesteuert werden. Dabei kann es den Projektverantwortlichen helfen, wenn sie eine dauerhafte Feedback-Schleife implementieren können, die alle Fortschritte mit Betroffenen einer neuen oder veränderten Dienstleistung besprechen können. So können Sie jederzeit eine fundierte Einschätzung über Akzeptanz und Design eines Prozesses erhalten und frühzeitig notwendige Veränderungen angehen. Damit sparen Sie Zeit und Geld. Gerade neue Projekte, die beispielsweise Unternehmen oder Vereine ansprechen sollen, können auf diesem Wege schon im Entstehungsprozess Beteiligung aktivieren und so zum dauerhaften Erfolg beitragen.

Anders als bei einer punktuellen Bürgerbeteiligung durch Zukunftswerkstätten oder -labore, Bürgerversammlungen oder unverbindliche Umfragen, bringt eine Implementierung von externen Dritten aus dem Gemeindeleben feste AnsprechpartnerInnen und verlässlichere Rückmeldungen. Durch eine geeignete Auswahl von Multiplikatoren kann auch eine vertiefte Einbeziehung von Ressourcen Dritter erreicht werden.

7. Berücksichtigen Sie bei der Auswahl Ihrer Ziele und Projekte wichtige Randfaktoren, wie den Klimaschutz oder den demografischen Wandel.

Die Digitalisierung ist ein Werkzeug, kein Selbstzweck. Sie bewirkt Veränderungen im Zusammenleben einer Kommune, kann aber auch erhebliche Fortschritte bei anderen bedeutenden Themengebieten erzielen. Digitalisierungsmaßnahmen können beispielsweise Energieeinsparungen in öffentlichen Gebäuden, wie Turnhallen, Schulgebäuden oder Kindertagesstätten, erreichen. Sie können Mobilität abseits des eigenen PKWs erleichtern und damit den Ausstoß von CO2 reduzieren.

Noch größere Effekte können Digitalisierungsmaßnahmen in der lokalen Daseinsvorsorge erzielen und damit den ländlichen Raum oder heute wenig attraktive Kleinstädte wieder zu mehr Lebensqualität bringen. Wenn Sie aktives Standortmarketing betreiben und nach jungen Familien oder neuen Unternehmen suchen, dann helfen Ihnen Digitalisierungsmaßnahmen schnell weiter. Egal ob es um die Nahversorgung mit Lebensmitteln geht, ärztliche Versorgung oder Apothekendienste: mit den richtigen Partnern können Sie schnell mehr Lebensqualität bei sich vor Ort schaffen.

Beachten Sie daher aktiv Randfaktoren wie den Klimaschutz oder den demografischen Wandel. Setzen Sie sich attraktive strategische Ziele, welche die Digitalisierung gerade nicht als Selbstzweck missversteht.

8. Machen Sie Ihre Verwaltung fit für die Digitalisierung: Bauen Sie interne digitale BotschafterInnen auf und bearbeiten Sie Befürchtungen oder mögliche Blockaden frühzeitig.

Die Digitalisierung kann innerhalb einer Verwaltung zu erheblichen Veränderungen von Abläufen und Prozessen führen. Mit effizienten und medienbruchfreien Verfahren können Dienstleistungen gegenüber Bürgerinnen und Bürgern erbracht und damit Zeit und Ressourcen eingespart werden. Solche Neuerungen können schon vor Beginn Befürchtungen vor ungewünschter, individueller Veränderung wecken, die zu Unruhe und Konfrontationen führen können. Jede Verwaltung ist daher von sich aus darauf eingestellt, die eigenen Bediensteten in diesen Reformprozess einzubeziehen.

Unabhängig von Veränderungen in Prozessabläufen kann aber schon die Nutzung neuer Systeme oder Software für Unruhe sorgen. Finden Sie in Ihrer Verwaltung BotschafterInnen der Digitalisierung, welche Neuerungen parallel zum bestehenden System testen und mit den Entwicklern auf Ihre Bedürfnisse anpassen. Diese Kolleginnen und Kollegen sollten aus den unterschiedlichsten Bereichen Ihrer Verwaltung und Betrieben stammen und neben der Implementierung auch durch aktive Nutzung Werbung für die neuen Systeme machen. Bauen Sie diese zu Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern auf Augenhöhe auf, die bestenfalls nicht nur aus Ihrer IT bestehen.

Sie sollten frühzeitig über ein aktives Change-Management nachdenken und entscheiden, um Befürchtungen und Veränderungen zu moderieren und abzuschwächen. Eine entsprechende Investition in Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann sich später in einem möglichst reibungslosen Übergang auszahlen und Ihre Verwaltung zukunftsfähig aufstellen.

9. Gehen Sie die Suche nach Fördermöglichkeiten strukturiert an und orientieren Sie sich bei der Priorisierung Ihrer Projekte daran.

Die Förderlandschaft für kommunale Digitalisierungsprojekte entwickelt sich stetig weiter. Sowohl Bund als auch Länder haben eine immer breitere Förderung etabliert, die sich langsam auch mit nennenswerten Beträgen füllt. Auch private Stiftungen und sonstige Dritte fördern unterschiedliche Projektideen von Kommunen. Auch wenn sich die Kassenlage vieler Kommunen in den letzten Jahren verbessert hat, ist weiterhin ein sparsames haushalten Pflicht.

Gleichen Sie Ihre Planungen schon im Entwurfsstadium mit aktuellen Förderprojekten ab und berücksichtigen Sie diese. Manchmal kann es sich auch lohnen, Projekte speziell für ein Förderprogramm zu entwickeln, um vor Ort Fortschritte und Nutzen der Digitalisierung zeigen zu können.

10. Bleiben Sie individuell in der Planung, aber kooperieren Sie in der Umsetzung mit anderen Kommunen.

Die Planung einer individuellen Digitalisierungsstrategie versetzt Sie in die Lage, passgenau zugeschnittene Wege für Ihre Kommune zu finden. Schwerpunktsetzung und Projektziele werden von Kommune zu Kommune abweichen, denn jede Stadt und jede Gemeinde muss Ihre Einzigartigkeit auch in der Digitalisierung bewahren. Das heißt aber nicht, dass jede Kommune jedes Projekt in Eigenregie ohne Kooperationspartner umsetzen muss. Suchen Sie aktiv nach Partnern in der Region, aber auch darüber hinaus. Die Digitalisierung ist schließlich keine Frage der Region, sondern des Nutzens für eine ganz spezielle Gemeinde.

Sie profitieren von Erfahrungen, die andere vor Ihnen gemacht haben, erhalten neue Eindrücke und Ideen und profitieren von Effizienzgewinnen bei der Herstellung notwendiger Soft- oder Hardware.