Die Erstellung einer eigenen kommunalen Digitalisierungsstrategie wird heute von immer mehr Kommunen überlegt. Und das völlig zu Recht. Der digitale Wandel verändert mit zunehmender Geschwindigkeit die Herausforderungen, vor denen Städte und Gemeinden stehen. Sie eröffnet Chancen, die eigenen Standortfaktoren zu entwickeln und attraktiver im Wettbewerb um Fachkräfte und Unternehmen zu werden. Die Digitalisierung greift dabei nicht nur einzelne Faktoren des Zusammenlebens auf, sie stellt fast alle bisher gültigen Konstanten in Frage. Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesundheits- und Bildungswesen – überall greifen neue Prozesse und neue technische Möglichkeiten. Damit eine Kommune hier ihren eigenen Weg findet und die für sich besten Lösungen entwickeln kann, ist eine kommunale Digitalisierungsstrategie unerlässlich.

Sie kann jeder Kommune – egal ob groß oder klein, Stadt oder Landkreis – den Weg in die digitale Zukunft weisen. Die folgende Übersicht und Hinweise sollen Sie in Ihrer Entscheidungsfindung für oder gegen eine kommunale Digitalisierungsstrategie stärken

Die digitale Zukunft hat die Kommunen längst erreicht: Kaum eine Bürgermeisterdienstbesprechung kommt ohne Gespräche zu diesem Thema aus, kaum eine Verwaltung hat nicht bereits Digitalisierungsvorhaben diskutiert oder bereits umgesetzt. Kein Rat schafft es durch die Legislatur, ohne eigene Vorstellungen zur kommunalen Digitalisierung vor Ort zu entwickelt. Die Digitalisierung ist überall, und doch meist auch nirgendwo. Mit einzelnen Digitalisierungsprojekten kann in Kommunen mit wenig Aufwand viel erreicht werden. Aber sobald Projekte größer und umfassender werden, treten sie in Konkurrenz zu anderen kommunalen Prozessen, die noch klassisch analog stattfinden. Schnell wird die Schwelle erreicht, an der eine Strategie nötig wird, um die beabsichtigten Veränderungen von verschiedenen Projekten zu berücksichtigen und die Vorhaben einem gemeinsamen Ziel zu verschreiben. Schnell wird auch die Schwelle erreicht, an der eine Verwaltung nicht mehr sinnvoll allein agieren kann. Denn die Digitalisierung kann nur dann Vorteile für eine Kommune bringen, wenn sie als das begriffen wird, was sie ist: eine Kooperationsverpflichtung für alle in der Kommune – Verwaltung, Politik, Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen oder Vereine. Allen zusammen ist es möglich, den besten Nutzen für sich zu identifizieren, die größten Potentiale auszuschöpfen und die Zukunft der eigenen Heimat immer im Blick zu behalten.

Es gibt keinen fertigen Plan, den eine Kommune umsetzen kann um smart city oder smart country zu werden. Es braucht viel Kooperation, viel Diskussion und viele Ideen. Um dies alles zu bündeln, dienen individuelle kommunale Digitalisierungstrategien als hervorragender Rahmen, der alles zusammenhält und dafür sorgt, dass am Ende ein Plan steht, der genau auf die Kommune passt, die ihn erstellt hat. Digitalisierung nach Maß, das sind kommunale Digitalisierungsstrategien.

Ohne kommunale Digitalisierungsstrategie bleiben alle Bemühungen Stückwerk

Es zeigt sich deutlich, dass es für Fortschritte in der kommunalen Digitalisierung drei Elemente braucht: Förderprogramme, vorbildhafte Wettbewerbe und eine individuelle Strategie. 

Sind Förderprogramme eine wesentliche Aufgabe der Landes- und Bundesregierungen, können Wettbewerbe zusätzlich auch von Dritten initiiert werden. Bei der kommunalen Digitalisierungsstrategie hat es aber die Kommune selbst in der Hand, über Mittel, Wege und Zeitpunkte zu entscheiden. Hier geht es um das eigene Profil und die selbstbestimmte strategische Ausrichtung der Gemeinde für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Politik und Verwaltung obliegen es, selbstbestimmt eigene Zielvorstellungen zu definieren und in die Umsetzung zu bringen. Die eigene Digitalisierungsstrategie eignet sich hervorragend, um einer Kleinstadt mit touristischem Schwerpunkt ein noch besseres Profil zu geben. Ebenso kann sich eine Region oder Stadt mit ausgeprägtem Fachkräftemangel in Kooperation mit Gewerbe und Industrie für junge, gut ausgebildete Menschen attraktiver gestalten. Aber auch der ländliche Raum kann smart country werden und ein attraktives Wohnumfeld für Angestellte aus Ballungsräumen schaffen – wenn die digitalen Grundlagen dafür geschaffen werden. 

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Eine kommunale Digitalisierungsstrategie führt gleichzeitig zu mehr und tieferer Kooperation in der Gemeinde oder Stadt. Digitalisierung ist immer mehr als der Einsatz von Technologie, um kommunale Leistungen zu verbessern. Digitalisierung ist auch immer partizipativ und vernetzend. Sharing und connecting – teilen und verbinden – so verändert sich im Leben der Bürgerinnen und Bürger schon heute vieles. Seien es Prozesse am Arbeitsplatz, die Nutzung von digitalen Medien oder das ausgeliehene Fahrrad oder Auto: Kommunen können und müssen sich diese Veränderungen zu Nutze machen. Denn von gemeinsam mit der Bürgerschaft entwickelten Prozessen oder Projekten können alle Seiten profitieren. Ein Bikesharing-Angebot kann die Verkehrssituation entspannen, intelligente Verkehrssteuerung und smarte Parkplatzsuche reduzieren den Schadstoffausstoß und schonen die Nerven. Mit dem Einzelhandel entwickelte Strategien für digital unterstützte Wertschöpfung in der Kommune beleben Innenstädte und sicheren die Wertschöpfung. Vor allem steigert es die Lebensqualität der Menschen und damit die Attraktivität der Gemeinde. 

Damit die richtigen Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensqualität gefunden werden, ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger praktisch zwingend. Dabei bietet der Rahmen einer Digitalisierungsstrategie einen entscheidenden Vorteil: Die Beteiligung ist zielführend steuerbar und schafft sowohl auf Seiten der Bürgerschaft als auch bei Politik und Verwaltung Zufriedenheit. Darüber hinaus ist die Umgestaltung der Gesellschaft durch die Digitalisierung so umfassend, dass eine mangelnde Beteiligung der Breite an Meinungen und Interessen den langfristigen Erfolg in Frage stellt. 

Die Bürgerbeteiligung kann einen Nutzen für alle Seiten schaffen und in Projekten münden, die die Lebensqualität oder Standortfaktoren verbessern. Dabei ist es unerheblich, wer letztlich der Akteur, der Finanzier oder Moderator einer Veränderung ist; Erarbeitung und Umsetzung geschehen in Kooperation. Wichtig sind diese Prozesse auch für die Verwaltung. Da sich die klassische Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen durch das OZG und eine tiefgreifende Digitalisierung der inneren Prozesse weitgehend verschlanken lassen, können neue Ressourcen für die Arbeit im Rathaus entstehen. Dabei kann die Verwaltung eine neue Rolle in der Stadtgesellschaft einnehmen, in dem sie Prozesse moderiert oder begleitet. Klar ist aber auch, dass hier eine Förderung in vielen Fällen unumgänglich ist. Digitale Prozesse in der Verwaltung zu implementieren kostet Zeit und Geld. 

Die Erarbeitung einer kommunalen Digitalisierungsstrategie bringt eine ganze Reihe von Ideen, aus denen kurz- oder mittelfristig umsetzbare Projekte entstehen können oder eine Kommune sich langfristige Ziele geben kann. Sie hat damit auch über Legislaturen hinaus eine Richtschnur zum eigenen Handeln an der Hand, die gerichtet am eigenen Nutzen Verbesserungen erreichen lässt. Sie vernetzt das Handeln unterschiedlicher Akteure, verschreibt die vielen Prozesse gemeinsamen Zielen und schafft Netzwerke, aus denen weitere Initiativen entstehen können. Die kommunale Digitalisierungsstrategie ist die Basis für die Entwicklung zur smart city und smart country

Top 5: Das spricht für eine kommunale Digitalisierungsstrategie
  1. Digitalisierungsstrategien schärfen das Profil und die strategische Ausrichtung der Gemeinde
  2. Sie führen zu tiefgehender Kooperation im Gemeindeleben
  3. Die Verwaltung findet ihre neue Rolle in der Stadtgesellschaft
  4. Sie geben Bürgerbeteiligung einen sinnvollen Rahmen
  5. Sie führen zu Projekten und langfristigen Zielen

 

 

Die kommunale Digitalisierungsstrategie ist auf Dauer leistungsfähig

Die kommunale Digitalisierungsstrategie ist ein mächtiges Werkzeug. Mit ihr kann jede Kommune in Richtung Zukunft aufbrechen. Dabei ist sie immer individuell, da ihr ein sehr flexibler Erarbeitungsprozess zugrunde liegt. Sie kann den lokalen Erfordernissen entsprechend immer wieder neu angepasst werden. Gerade für kleinere Städte und Gemeinden ist eine umfassende Detailtiefe und Bearbeitung aller denkbaren Lebensbereiche nicht notwendig. Auch kann Rücksicht darauf genommen werden, welche strategische Ausrichtung eine Kommune für sich in Anspruch nimmt. Themenbereiche wie die Mobilität, digitale Verwaltungsdienstleistungen oder die Nahversorgung werden sicherlich überall thematisiert – aber spezifische Aspekte wie der Tourismus müssen nur dann bearbeitet werden, wenn sich damit realistisch Erfolge erzielen lassen. Die kommunale Digitalisierungsstrategie ist ein Baukasten, der für eine kleine Gemeinde genau wie eine Großstadt alle Aspekte im richtigen Maß darstellen kann. 

Vor allem kann die kommunale Digitalisierungsstrategie auch Jahre nach ihrer Erstellung immer noch Impulse für Entwicklungen bieten und ermöglicht schnelles Handeln, wenn sich neue Fördermöglichkeiten auftun. Neue Trends können mit den schon erprobten Methoden und vorhandenen Netzwerken berücksichtigt werden und auch nachträglich in die Digitalisierungsstrategie einfließen. So kann sie jederzeit aktuell bleiben, ohne die Grundpfeiler der Strategie neu definieren zu müssen. 

Der Prozess der Erstellung ist sowohl mit großen und gut ausgestatteten Verwaltungen durchzuführen als auch mit wenigen, aber engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder einer weitgehend ehrenamtlich organisierten Dorfgemeinschaft. Sie passt sich den Gegebenheiten an. 

So kann sie entstehen 

Die kommunale Digitalisierungsstrategie wird prozessual und kooperativ erarbeitet. Dies sind auch gleich die zwei wesentlichen Merkmale, die zum Erfolg einer Strategie beitragen können. Aber bevor mit der Erarbeitung begonnen werden kann, braucht es eine politische Meinungsbildung. Nur wenn die Verwaltungsspitze und der Rat die Entwicklung mittragen, kann aus ihr ein langfristiger Gewinn für die Gemeinde entstehen. Um diesen Meinungsbildungsprozess zu unterstützen, können in internen Workshops eigene strategische Ziele gefunden werden, die mit einer kommunalen Digitalisierungsstrategie verfolgt werden sollen. Auf diesem Wege können nicht nur Mehrheiten mitgenommen werden, es hilft auch, das eigene kommunale Profil herauszuarbeiten und so klarer sagen zu können, in welche Richtung sich die Stadt oder Gemeinde entwickeln soll. 

„Kommunaler Digicheck“

Nachdem sich Politik und Verwaltung auf die grundsätzlichen Ziele verständigt haben, beginnt die Erarbeitung mit einer Analyse der Situation vor Ort. Sie sollte in großen Kommunen eine umfassende und individuelle Studie beinhalten, die von Verwaltung und externen Fachleuten umgesetzt wird. Für kleine und mittlere Kommunen reicht oftmals der zusammenfassende „Kommunaler Digicheck“, der von der Verwaltung in Eigenregie durchgeführt werden kann. Für Kommunen, die eine spezielle strategische Ausrichtung oder Problemstellung im Rahmen einer Digitalisierungsstratgie bearbeiten wollen, kann sich über den „Kommunalen Digicheck“ hinaus eine separate Betrachtung und Analyse bestimmter Bereiche lohnen. Touristisch geprägte Gemeinden, Gemeinden mit einem schwächelnden lokalen Einzelhandel oder Kommunen, die vor allem im Bereich der Mobilität neue Potentiale ausschöpfen wollen, können mit zusätzlichen Umfragen und Erhebungen ein noch besseres Bild des Status Quo erhalten.

Mit Bürgerbeteiligung ans Ziel

Damit eine Analyse nicht nur Tinte auf Papier bleibt, muss sie durch eine geeignete Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger unterstützt werden. Zum Beispiel können zum jetzigen Zeitpunkt Online-Befragungen auf der kommunalen Homepage dabei helfen, ein prägnantes Bild über die Einschätzung und die Wünsche der Bevölkerung zu erhalten. Ein Abgleich mit der eigenen Analyse kann oft verdeutlichen, dass wesentliche Lebensbereiche viel dringlicher wahrgenommen werden, als dies vorher den Anschein hatte. Eine ausgeprägte Bürgerbeteiligung kann über zusätzliche Workshops auf Gemeinde oder Stadtteilebene noch genauer darstellen, welche Themen und Projekte von den Bürgerinnen und Bürgern erwartet werden. Es lohnt sich ebenfalls, dort die einzelnen Lebensbereiche zu diskutieren. Auf diesem Wege können Themen entsprechend gekennzeichnet werden, etwa als besonders wichtig oder als prioritär zu bearbeiten.  Ebenso kann anderes eine nachrangige und langfristige Perspektive zugewiesen bekommen oder ganz aus der weiteren Bearbeitung herausfallen. Doch vor allem gilt es, den Quell an Ideen und Initiativen durch gut moderierte und zusammengesetzte Workshops oder Zukunftslabore zu nutzen. Besonders gute Ideen finden anschließend schnell ihren Weg in die Umsetzung – selbst dann, wenn sie in der weiteren Bearbeitung keine breite Berücksichtigung finden. Vielleicht benötigte es lediglich den Impuls durch einen Workshop, damit Senioreneinrichtungen von Ehrenamtlern an Tablets herangeführt werden, dass Einzelhändler ihre gemeinsamen Bemühungen für digitale Geschäftsmodelle wieder stärken oder Vereine und Verwaltungsmitarbeiter/-innen einen besseren Weg finden, miteinander zu kommunizieren und beispielsweise Turnhallenbuchungen vereinfachen. 

In den Phasen der Bürgerbeteiligung werden in der Bürgerschaft, im eigenen Gewerbe und natürlich in der Verwaltung besonders motivierte und sachkundige Menschen in den Vordergrund treten. Sie können später bei der Umsetzung der Strategie sehr wertvoll sein, wenn sie in die weiteren Prozesse als Lotsen und Motivatoren mit eingebunden werden. 

Mehr dazu, wie BürgerInnenbeteiligung auch digital funktioniert, finden Sie hier (Sieben Schritte zu erfolgreicher digitaler BürgerInnenbeteiligung)

 

Schwerpunkte und Projektskizzen machen die Digitalisierungsstrategie begreifbar

Es liegt nun an Politik und Verwaltung, über die Schwerpunkte und Projekte zu entscheiden, die in einer kommunalen Digitalisierungsstrategie bearbeitet werden sollen. Die eigenen strategischen Ziele, die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger, die externen Einflussfaktoren wie das OZG sollten in der Entscheidung ihre angemessene Berücksichtigung finden. Dabei sollten die bisherigen Vorschläge und vorgegebenen Themen auf Machbarkeit, Finanzierbarkeit und ihren Nutzen hin bewertet werden. So lassen sich schnell Projekte identifizieren, die kurzfristig umgesetzt werden können oder mit hoher Wahrscheinlichkeit über Förderprogramme finanziert werden sollten. Letztlich liegt es aber an der Verwaltungsspitze und der Verwaltung selbst, über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Es ist ratsam, wenige Schwerpunkte zu setzen, die sowohl ein schnelles und finanzierbares Vorankommen ermöglichen und zeitgleich den höchsten Nutzen für die eigene Gemeinde versprechen. Alle weiteren Projekte, die nicht kurzfristig zu bewerkstelligen sind, können die Erstellung der Digitalstrategie als mittelfristige oder langfristige Zielsetzungen weiter begleiten. Alle Projekte und Lebensbereiche können als einzelne Bausteine begriffen und bearbeitet werden. So werden parallele und individuelle Lösungen ermöglicht, deren Aufwand durch die Verwaltung sinnvoll gesteuert werden kann. 

Die Ergebnisse dieser Überlegungen ergeben neben einer Schwerpunktsetzung auch eine Auswahl an Projekten, die zeitnah angegangen werden sollen. Da hier haushaltsrelevante Vorentscheidungen getroffen werden (auch wenn sie zukünftige Haushalte betreffen), sollte auch der Rat in die Meinungsbildung und den weiteren Beschluss über das Vorgehen einbezogen werden. Letztlich hat es aber auch hier die Verwaltungsspitze in der Hand, den für die Kommune besten Weg zu finden.

Die gewählten Schwerpunkte und Projekte sollten in der Verwaltung, eventuell auch mit ausgewählten Partnern aus der Kommune soweit ausgearbeitet werden, so dass daraus ein fundierter Handlungsplan abgeleitet werden kann. Gemeinsam mit den weiteren Projekten und Themengebieten, die vorerst für eine langfristige Perspektive zurückgestellt wurden, sind alle Bestandteile für die individuelle kommunale Digitalisierungsstrategie vorhanden. Sie zusammenzuführen und zu einer umsetzbaren Roadmap auszugestalten, macht aus den vielen Einzelschritten eine einheitliche und sinnvoll ausgerichtete Strategie. 

Verwaltungshandeln anpassen und Projekte umsetzen

Die fertige kommunale Digitalisierungsstrategie ist sicherlich der wichtigste Meilenstein auf dem Weg zur smart city oder einem smart country. Aber jeder weiß: Jetzt fängt die Arbeit erst richtig an. Projekte und Zielsetzungen im public service-Bereich brauchen nicht nur organisatorische und technische Veränderungen, sie können durch die Neustrukturierung von Abläufen sehr tiefgreifende Änderungen im Verwaltungskörper nach sich ziehen. Vor allem verändert sich auch die Rolle der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter: Waren sie bisher der Anlaufpunkt für beinah alle kommunalen Dienstleistungen im Bürgerservice, werden zukünftig viele Dienstleitungen ohne ein eigenes front office auskommen. Damit einher geht auch eine neue Anspruchshaltung der Bürgerinnen und Bürger, die es bei gewerblichen digitalen Dienstleistungen gewohnt sind, ohne Wartezeit oder großem Aufwand gleich zum Ziel zu kommen. Ob mit oder ohne kommunale Digitalisierungsstrategie – der anstehende Kulturwandel in den Verwaltungen wird erhebliche Einschnitte bedeuten.

Die Umsetzung der ersten Projekte – sei es ein freies W-Lan im Innenstadtbereich oder in gastronomiegeprägten Bereichen, intelligente Leuchtmasten oder eine Neugestaltung der städtischen Homepage – sie können einen Aufbruch erzeugen und weitere Projekte von Dritten initiieren. Ein schneller Start und ein transparentes Vorgehen bei den weiteren Projekten werden dazu beitragen, dass die Digitalisierung nicht nur ein einmaliger Effekt bleibt, sondern als ein dauerhafter Prozess zur digitalen Umgestaltung der Gemeinde weitergeht. 

Um die Digitalisierungsziele in der Verwaltung erreichbar zu machen, müssen auch interne Veränderungen vorgenommen werden. Dabei können auch interne Digitalisierungslotsen aus der Mitarbeiterschaft unterstützen, die Kolleginnen und Kollegen beim Wechsel zu begleiten. Sie können dabei in Abteilungen mitarbeiten, die erste Erfahrungen mit digitalisierten Prozessen gewinnen sollen und Widerstände dadurch abschwächen, dass sie zum Erfolg von Projekten beitragen. Das allerdings reicht in den meisten Fällen nicht aus, um den Wandel – vor allem den kulturellen Wandel – ohne fachliche Begleitung zu meistern. Technische Beratung und Unterstützung im change management sollten Sie zusätzlich in jedem Fall in Betracht ziehen. 

Stakeholder

Die Digitalisierung ist nicht nur ein technischer Prozess. Mindestens ebenso wichtig ist die kooperative Herangehensweise. Nur wenn Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft, Politik und Verwaltung gemeinsam an der Digitalisierung arbeiten, stellen sich auch nachhaltige Erfolge ein. 

Sie müssen die Nachfrage nach digitalen Dienstleitungen Ihrer Bürgerinnen und Bürger kennen, um Angebote zu schaffen, die auch angenommen werden. Viele Ideen, viel Neues kommt als Impuls auch direkt aus der Bürgerschaft. Hier müssen Politik und Verwaltung zuhören, aufnehmen und verstehen, welche Bedürfnisse genau dahinterstehen. Dabei unterscheiden sich diese Bedürfnisse zwischen ländlich geprägten Kommunen und größeren Städten teils erheblich. Oft werden bestimmte Bedürfnisse auch nicht direkt vor Ort erfüllbar oder zu teuer in der Umsetzung sein. Spätestens dann sollten Kooperationen mit der angrenzenden Region und anderen Kommunen mit vergleichbarer Struktur eingehend geprüft werden. Die Erbringung kommunaler Dienstleistungen ist nicht weiter vom Ort abhängig. Dies schafft veränderte Rahmenbedingungen, die Bürgerinnen und Bürger längst als Standard akzeptiert haben. Viele Verwaltungen müssen sich an solche Veränderungen aber noch vorsichtig herantasten. 

Die lokale Wirtschaft und das lokale Gewerbe sind ebenso wie die Kommune von einem erheblichen Veränderungsdruck durch die Digitalisierung betroffen. Neue digitale Geschäftsmodelle zu finden oder das bestehende Geschäftsmodell durch digitale Erweiterungen zukunftsfest zu machen, ist eine existentielle Frage für kleine wie auch große Unternehmen. Das Interesse der Kommunen an diesem Prozess geht dabei weit über die Frage nach der Sicherheit von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen hinaus. Die Verödung der Innenstädte ist zum Beispiel eng verknüpft mit der Zukunft des Einzelhandels: Ob eine Kommune ein attraktives Wohnumfeld bietet, entscheidet auch bei der Suche von Unternehmen nach Fachkräften mit, denn der Breitbandanschluss im Gewerbegebiet und der eigenen Wohnung wird als Standard vorausgesetzt. Hier lohnt es sich als Verwaltung, besonders gut zuzuhören und zu erfahren, welche Bedürfnisse gesucht, aber noch nicht erfüllt sind. Schließlich ist nicht nur der Wettbewerb zwischen Unternehmen groß, auch der Wettbewerb zwischen Wohngemeinden entscheidet über die Kassenlage und die Wohnqualität jeder Gemeinde mit. 

Viele neue Dienstleistungen in einer Stadt oder Gemeinde sind keine originäre kommunale Aufgabe. Das Betreiben eines Coworking-Spaces kann sicherlich kommunal initiiert werden, aber es braucht eine gewerbliche Grundlage für den dauerhaften Betrieb. Ebenso sind manche sinnvollen Ergänzungen zur lokalen Mobilität nicht immer durch Verkehrsverbünde oder gemeindeeigene Gesellschaften zu erbringen. Carsharing oder bikesharing setzen sich zunehmend nicht nur in Großstädten durch; sie können wirtschaftlich ebenfalls durch Private betrieben werden. Auch hier braucht die Gemeinde zur Erreichung eines eigenen Ziels dann die Unterstützung der Wirtschaft. 

Darüber hinaus gibt es viele weitere Interessenvertreter, die vor Ort auf die Ausrichtung von Angeboten durch die Kommune Einfluss nehmen. Universitäten und Hochschulen sind als Kooperationspartner zur Entwicklung neuer Technologien und Dienstleistungen unverzichtbar, denn ihre Studierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind eine eigene Zielgruppe. Soziale Einrichtungen haben schon immer viele Aufgaben im Leben einer Kommune übernommen. Dies wird auch in der digitalen Transformation nicht anders sein. Kommunen können dabei unterstützen, Verbesserungen anzustoßen. So haben Jugendzentren und Senioreneinrichtungen bei der Schulung an Tablets kooperiert, Schulen, Kindertagesstätten und gemeindeeigene Bibliotheken arbeiten bei der digitalen Mediennutzung zusammen. Die Freifunk-Initiativen haben vielerorts lokale Ableger und stellen freies und kostenloses Internet zur Verfügung. Die Kooperation mit Nerds kann für viele Verwaltungen und andere vom digitalen Wandel Betroffene sehr erfrischend und erfolgreich sein.